Cybergrooming ist ein besorgniserregendes Phänomen, das in unserer vernetzten Welt zunehmend an Bedeutung gewinnt. Erkenne die Anzeichen von Cybergrooming, verstehe warum gerade Kinder und Jugendliche darauf hineinfallen und lerne, wie du deine Kinder im digitalen Zeitalter schützen kannst. Wir beantworten 10 Fragen zur unterschätzen Gefahr im digitalen Zeitalter.
Stell dir vor, jemand gibt sich online als jemand anderes aus, um das Vertrauen eines Kindes zu gewinnen. Mit geschickten Worten und Versprechungen bauen sie emotionale Beziehungen auf und versuchen, das Kind dazu zu bringen, intime Fotos oder Videos von sich zu schicken oder sich sogar zu treffen.
Genau das ist Cyber-Grooming (engl., „Anbahnung über Informationstechnik): Der gezielte Missbrauch von Kindern im Internet.
Täter nutzen dabei insbesondere soziale Netzwerke, Chatrooms, Online-Spiele und andere Plattformen, um Vertrauen zu gewinnen und ihre Opfer geschickt zu manipulieren.
Cybergrooming ist oftmals ein schleichender Prozess, bei dem Täter gezielt das Vertrauen von Kindern und Jugendlichen aufbauen, um sie später sexuell auszubeuten. Der Ablauf kann variieren, aber in der Regel folgen Täter einem bestimmten Muster:
Kontaktaufnahme:
Der Täter nimmt zunächst unverfänglich Kontakt zum Kind oder Jugendlichen auf, oft in Foren, sozialen Netzwerken, Chatrooms, oder Online-Spielen. Hierbei geben sie sich als Gleichaltrige oder als vertrauenswürdige Erwachsene aus, die ähnliche Interessen haben. Sie überschütten ihre Opfer mit Komplimenten, zeigen Verständnis und Interesse an ihrem Leben.
Vertrauensaufbau und Isolation:
Durch regelmäßige Kommunikation versucht der Täter, eine freundschaftliche Beziehung aufzubauen. Er gibt sich verständnisvoll und interessiert und sucht nach gemeinsamen Interessen um das Vertrauen des Kindes zu gewinnen. Um dem Kind das Gefühl zu geben, etwas Besonderes zu sein und die Tiefe der angeblichen Beziehung zu untermauen, teilen sie eigene Geschichten und intime „Geheimnisse“ und bringen schließlich auch die Kinder dazu dieses zu tun. Nach und nach nutzen Täter die Unsicherheiten von Kindern und Jugendlichen aus und versuchen sie systematisch von ihren Eltern und Freunden zu isolieren.
Sexuelle Anspielungen:
Anfangs sind die Gespräche noch unschuldig, werden aber im Zeitablauf immer sexueller. Der Täter sendet sexuelle Nachrichten oder Bilder und fordert das Kind auf, dieses auch zu tun. Man spricht hier von einer schrittweisen Eskalation.
Kommt dem Kind dieser Aufforderung nicht nach, üben die Täter Druck aus, indem sie beispielsweise drohen die aufgebaute der Freundschaft zu beenden oder intime Informationen über das Kind preiszugeben.
Erpressung und Ausbeutung:
Sobald der Täter entsprechende Inhalte (intime Fotos oder Videos) von den Kindern erhalten hat, beginnt die Erpressung und Ausbeutung.
Die Täter zwingen das Kind weitere sexuelle Handlungen vorzunehmen oder auch sich im realen Leben zu treffen. Kommt das Kind dieser Aufforderung nicht nach, wird mit der Veröffentlichung der Inhalte gedroht. Dies kann für das betroffene Kind schnell zu einem Teufelskreislauf werden.
Die Bandbreite der digitalen Möglichkeiten bietet Tätern eine Vielzahl von Plattformen und Technologien, um Kontakt zu ihren Opfern aufzunehmen.
Soziale Netzwerke: Facebook, Instagram, TikTok und ähnliche Plattformen.
Chat-Apps: WhatsApp, Snapchat, Kik und andere Messaging-Dienste.
Online-Spiele: Multiplayer-Spiele mit Chat-Funktion wie Fortnite, Roblox oder Minecraft.
Foren und Chatrooms: Plattformen, die spezielle Interessen oder Hobbys ansprechen.
Cybergrooming kann in verschiedenen Formen auftreten:
Langfristige Manipulation: Der Täter baut über Wochen oder Monate ein Vertrauensverhältnis auf.
Schnelle Eskalation: Der Täter versucht schnell, das Kind zu sexuellen Handlungen zu überreden.
Catfishing/Rollenspiel: Der Täter gibt sich als ein gleichaltriges Kind aus, um Vertrauen zu gewinnen.
Sextortion: Täter erpressen Kinder, indem sie nach Erhalt mit der Veröffentlichung von intimen Bildern oder Videos drohen und zwingen sie so dazu weiter zu kooperieren.
Sexting beschreibt den Austausch von sexuell expliziten Nachrichten, Fotos oder Videos über digitale Kommunikationsmittel wie Smartphones und soziale Netzwerke zwischen einvernehmlichen Partnern. (Sexting Beitrag verlinken) Beim Cybergrooming hingegen handelt es sich um eine asymmetrische Beziehung. Hier manipuliert und missbraucht ein Erwachsener gezielt ein Kind. Während Sexting in einvernehmlichen Beziehungen legal sein kann, ist Cybergrooming eine strafbare Handlung.
Cybergrooming ist IMMER eine Straftat. (§176b StGB)
Bereits der Versuch ein Kind unter 14 Jahren über das Internet zu sexuellen Handlungen zu bewegen oder ein Treffen zu arrangieren, ist strafbar. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es tatsächlich zu diesem Treffen oder sexuellen Handlungen kommt.
Solltest du Opfer von Cybergrooming geworden sein, dann zeige den Täter bei der Polizei an und melde ihn auf der jeweiligen Plattform. Es ist nicht deine Schuld und du bist nicht allein!
Es kann schwierig sein Cybergrooming direkt zu erkennen, da es ein oftmals schleichender und langer Prozess ist, aber es gibt einige Warnzeichen auf die Eltern achten sollten:
Ungewöhnliches Online Verhalten: Kinder verbringen plötzlich viel/mehr Zeit online und reagieren geheimnisvoll oder defensiv, wenn sie nach ihren Aktivitäten dort gefragt werden.
Neue Freundschaften: Die Kinder haben Kontakt zu neuen „Freunden“, die teilweise viel älter sind und von denen sie kaum etwas preisgeben.
Geschenke: Kinder erhalten (virtuelle) Geschenke oder Geld von unbekannten Personen. Gerade in Online-Spielen können diese Geschenke helfen, schneller neue Level zu erreichen oder Ausrüstungen/Skins zu kaufen. Achte darauf, was dein Kind über das Spielverhalten erzählt.
Isolation: Das Kind zieht sich immer mehr von Freunden und Familie zurück.
Auch die Kinder selbst sollten frühzeitig über das Thema aufgeklärt werden und auf bestimmte Warnsignale achten, wenn sie neue Kontakte in der digitalen Welt knüpfen:
Übermäßige Aufmerksamkeit: Die Täter versuchen schnell eine enge Bindung aufzubauen, sie sind übermäßig interessiert auch an Einzelheiten des Lebens, geben verstärkt Komplimente oder möchten Geschenke machen.
Druck ausüben: Sie versuchen das Kind unter Druck zu setzen, indem sie mit Konsequenzen drohen, z.B. dem Beenden der Freundschaft oder dem offenbaren von Geheimnissen
Sexuelle Anspielungen: Die Täter machen frühzeitig sexuelle Anspielungen, erst subtil und im späteren Verlauf immer deutlicher, oder versuchen intime Informationen zu erhalten. Auch hier fängt es meist harmlos an, z.B. „Hast du schonmal jemanden geküsst?“, und wird im Verlauf immer sexuell implizierter.
Geheimhaltung: Die Täter drängen das Kind zur Geheimhaltung, es werden immer mehr „Geheimnisse“ geschmiedet. Die Kinder sollen möglichst wenig über die neue Freundschaft bei Eltern oder anderen Freunden erzählen.
Die Folgen von Cybergrooming für die Opfer können tiefgreifend und lang anhaltend sein. Sie reichen von psychischen Belastungen bis hin zu sozialen Schwierigkeiten. Es ist wichtig zu betonen, dass nicht jedes Opfer die gleichen Folgen erlebt. Die Auswirkungen hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie dem Alter des Opfers, der Dauer der Übergriffe und der individuellen Persönlichkeit.
Psychische Belastungen:
Die Erfahrung der systematischen Ausnutzung und des Missbrauchs können starke Schuldgefühle, Scham und Angst in den Opfern auslösen. Diese können zu Depressionen und Angstzuständen führen. In schweren Fällen kann sich dadurch auch eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickeln, die durch Albträume, Flashbacks und einer starken Vermeidung von Situationen, die an das Träume erinnern, gekennzeichnet ist.
Als Folge der psychischen Belastungen können Betroffene zu selbstverletzendem Verhalten neigen, in extremen Fällen können sogar Suizidgedanken auftreten.
Soziale Schwierigkeiten:
Aus Scham oder Angst ziehen sich Opfer häufig aus sozialen Kontakten zurück, sie verschließen sich immer mehr und lassen niemanden an sich heran. Ihr Vertrauen in andere Menschen, insbesondere Erwachsene, wird zutiefst erschüttert und damit verlieren sie den Glauben an stabile, vertrauenswürdige Beziehungen.
Dies kann sich beispielsweise auch in einem Abfallen der schulischen Leistungen niederspiegeln.
Langfristige Folgen:
Cybergrooming kann bei den Heranwachsenden auch langfristige Folgen haben. Hier sind insbesondere die Störung in der Persönlichkeitsentwicklung und Probleme in späteren (intimen) Beziehungen hervorzuheben.
Kinder und Jugendliche sind aus mehreren Faktoren leider besonders anfällig für Cybergrooming:
Entwicklungspsychologische Faktoren
Naivität und Unerfahrenheit: Kinder und Jugendliche haben oft weniger Erfahrung und Wissen über die Gefahren, die im Internet lauern. Sie sind weniger skeptisch gegenüber den Absichten anderer und können die Risiken schwerer einschätzen.
Bedürfnis nach Anerkennung und Aufmerksamkeit: Viele Kinder und Jugendliche suchen nach Bestätigung, Freundschaft und Aufmerksamkeit. Täter nutzen dieses Bedürfnis aus, indem sie den Kindern das Gefühl geben, besonders und wichtig zu sein.
Vertrauensseligkeit: Kinder neigen dazu, Erwachsenen zu vertrauen, insbesondere wenn diese freundlich und unterstützend erscheinen. Täter bauen systematisch Vertrauen auf, um später davon zu profitieren.
Soziale und emotionale Faktoren
Mangelndes Selbstwertgefühl: Kinder und Jugendliche mit geringem Selbstwertgefühl sind besonders anfällig für die Schmeicheleien und das Interesse der Täter, die ihre Opfer gezielt auswählen und manipulieren.
Einsamkeit und Isolation: Kinder, die sich einsam oder isoliert fühlen, sei es aufgrund von familiären Problemen oder sozialer Ausgrenzung, suchen oft online nach sozialen Verbindungen. Täter nutzen diese Isolation, um eine scheinbar echte Freundschaft oder Beziehung aufzubauen.
Rebellion und Geheimhaltung: Jugendliche befinden sich in einer Phase der Identitätsfindung und Rebellion gegen elterliche Autorität. Täter nutzen diese Phase aus, indem sie sich als Vertraute präsentieren, die die Jugendlichen „verstehen“ und unterstützen.
Technologische Faktoren
Zugang zu unkontrollierten Online-Plattformen: Viele Kinder haben Zugang zu einer Vielzahl von Online-Plattformen ohne ausreichende Kontrolle oder Überwachung durch Erwachsene. Dies bietet Tätern zahlreiche Möglichkeiten, in Kontakt zu treten.
Anonymität des Internets: Das Internet ermöglicht es Tätern, sich als jemand anderes auszugeben, oft als gleichaltrige Kinder oder Jugendliche. Dies erleichtert es ihnen, das Vertrauen ihrer Opfer zu gewinnen.
Kognitive Faktoren
Unzureichende Medienkompetenz: Kinder und Jugendliche verfügen oft nicht über die notwendigen Fähigkeiten, um die Authentizität und Sicherheit von Online-Kontakten richtig zu beurteilen. Sie verstehen die technischen und sozialen Mechanismen hinter Cybergrooming nicht immer.
Missverständnisse über die Natur von Online-Beziehungen: Kinder und Jugendliche haben möglicherweise ein verzerrtes Verständnis davon, was echte Freundschaften und Beziehungen ausmacht, insbesondere wenn sie viel Zeit online verbringen. Sie können die manipulativen Techniken der Täter nicht immer erkennen.
Der einzige Weg zur Vermeidung von Cybergrooming ist die Prävention.
Offene Kommunikation ist der Schlüssel
Sprechen Sie offen und altersgerecht mit Ihren Kindern über die Gefahren des Internets. Ermutigen Sie Ihre Kinder mit Ihnen über ihre Online-Erfahrungen zu sprechen. Stellen Sie Fragen und zeigen Sie echtes Interesse, ohne die Kinder zu überwachen, und hören Sie aufmerksam zu.
Eine offene Kommunikation schafft Vertrauen und ermöglicht es Ihrem Kind, bei Fragen oder Problemen auf Sie zuzukommen.
Medienkompetenz stärken
Als Entern(-teil) sollten Sie sich mit den digitalen Plattformen und sozialen Medien, die ihre Kinder nutzen, vertraut machen. Wissen über die Funktionsweisen und die Risiken dieser Plattformen ermöglicht es Ihnen, besser zu verstehen, womit Ihr Kind täglich konfrontiert ist. Zeigen Sie ihrem Kind, wie man sicher surft, welche Funktionen es gibt und vermitteln Sie die Bedeutung der (digitalen) Privatsphäre. Setzen Sie Grenzen und legen Sie gemeinsame Regeln zur Nutzung des Internets fest.
Gefahren bewusst machen
Sprechen Sie über die tatsächlichen Gefahren, mit denen es im Internet konfrontiert werden kann und gehen die Warnzeichen mit ihrem Kind durch (s. Punkt 7). Mit Rollenspielen können verschiedene Szenarien durchgespielt werden, in denen das Kind üben kann auf unangenehme Situationen im Internet zu reagieren. Ermutigen Sie ihr Kind sich jederzeit an Sie oder eine andere vertrauenswürdige Person zu wenden, wenn es sich im Internet unwohl fühlt.
Technische Schutzmaßnahmen
Nutzen Sie ggf. technische Möglichkeiten, um die Sicherheit Ihres Kindes im Internet zu erhöhen. Installieren Sie Kindersicherungs- und Überwachungssoftware, die unangemessene Inhalte blockieren und Aktivitäten überwachen können. Achten Sie darauf, dies jederzeit transparent zu kommunizieren, um das Vertrauen Ihres Kindes nicht zu untergraben. Bearbeiten Sie die Privatsphäre-Einstellungen, sodass nur Freunde auf das Profil Ihres Kindes zugreifen können und installieren Sie auf allen Geräten eine zuverlässige Virenschutzsoftware.
Vorbild sein
Seien Sie selbst ein Vorbild im Umgang mit dem Internet! Zeigen Sie Ihrem Kind, wie man respektvoll mit anderen umgeht und wie man sich im Netz verhält. Gemeinsame Zeit im Internet und ernsthaftes Interesse an den Online-Aktivitäten Ihres Kindes können helfen, dass sich Ihr Kind bei Fragen oder Problemen an Sie wenden wird.
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